And now for something ganz anderes…
Wenn man seinen Lebensunterhalt zum Großteil als Reisepoet bestreit, dann kommt es häufig vor, dass man Strecken abreißt, die logistisch völlig hanebüchen sind. Zum Beispiel dieses: Gestern hatte ich einen Auftritt in der Schauburg in Dresden, ohne vorher einen Auftritt in der Nähe gehabt zu haben und heute Abend darf ich in Münster eine wundervolle Bootsfahrt als Stewardess und Pilot begleiten. Da der Auftritt in Dresden ein Slam-Auftritt war, bei dem ich zwei Mal lesen konnte, bin ich für 12 Minuten Zeit auf der Bühne insgesamt 13 Stunden Netto + 1 Stunde Verspätung = 14 Stunden Brutto mit dem Zug unterwegs gewesen. 14 Stunden sind eine Lange Zeit.
Natürlich kann man in dieser Zeit schön was lesen, aber wenn man gerade keine gute Lektüre hat, dann reicht die Tageszeitung vielleicht gerade mal für 1 Stunde pro Strecke. Und da ein großer Teil meiner Erziehung von einem ATARI 2600, einem Commodore C64, einem Gameboy, einem NES einem SNES, einer Playstation 1, einer Playstation 2 und mehreren Computern übernommen wurde, spiele ich logischerweise Computerspiele.
Die letzten drei Monate war ich diesbezüglich auch sehr gut beschäftigt, denn ich spielte ein Spiel mit dem unglaublich dämlichen Titel »10000000« (in Worten »zehn Millionen«). Das Spiel gab es irgendwann einen Tag lang umsonst in einem Drittanbieter-Appstore und hielt mich ziemlich gefesselt. Es handelt sich bei dem Spiel um eines von den vielen, in dem man ein Spielfeld hat, auf dem man durch Schieben mindestens drei gleiche Symbole in eine Reihe bringen muss, damit diese verschwinden und so weiter. Der Clou an 10000000 aber ist, dass es gleichzeitig ein Adventure-Game ist, denn oben im Bildschirmrand rennt ein Typ durch die Gegend und Trifft auf Zombies, Drachen, Mumien, Türen und Schatzkisten. Trifft man auf eines dieser Dinge muss man bei Gegnern Waffen in die richtige Reihe bringen um den Gegner zu verkloppen oder Schlüssel, um Truhen zu öffnen. Dann muss man noch mit Schildern seine Rüstung in Ordnung halten und Ressourcen sowie Erfahrung sammeln, um bessere Waffen, derbere Moves und den üblichen Klimbim freizuschalten, dazu gibt es wunderschöne Pixelgrafik und eingängige 8-Bit-Mukke. Eigentlich beginnt das Spiel wie der Film »The Cube«, nur ganz anders. Ein Typ wacht in einem Verließ in einem Bett auf. Natürlich hat man keinen Plan, warum. In diesem Verließ sind viele Türen, die sich erst im späteren Verlauf betreten kann (wenn man genügend Ressourcen gesammelt hat) und dann noch eine Tür in den Dungeon, wo sich das eigentliche, oben beschriebene Spiel befindet, also das, wo man die Symbole schiebt. Eine Runde im Dungeon endet, wenn man die Gegnerz nicht schnell genug weggekloppt bekommt oder zu lange eine Schatztruhe nicht aufbekommt. Dabei sammelt man Punkte für Zeit, die man überlebt, für besiegte Unholde und so. Jedenfalls ist es das Ziel des Spieles, einen Lauf durch den Kerker zu machen und damit mehr als 10000000 Punkte zu erreichen um wieder in die Freiheit zu kommen.
Als alter »3-in-a-Row-Game-Profi« hab ich das natürlich am ersten Tag geschafft. Dann aber habe ich meinem Homie Tom (der mir das Spiel empfohlen hatte) geschrieben, wer wohl zuerst die 30000000 schafft und naja, Tom meinte dann: unmöglich. Herausforderung genug. Letzte Woche habe ich es jedenfalls geschafft. Beweis:
Nun ja, jetzt ist das Spiel für mich aber auch durch für mich. Da ich aber eine Aufgabe für den Zug brauchte, shoppte ich mir bei Steam ein aktuelles Re-Release eines meiner Lieblingsspiele, nämlich Final Fantasy VII. Als ich es damals Ende der Neunziger auf Playstation spielte, verbrachte ich mindestens 100 Stunden damit, jeden Quadratzentimeter Spielwelt zu durchforsten. Die Story ist aber auch einfach zu episch: Sie beginnt damit, dass man mit einer kleiner Gruppe Umweltterroristen einen Reaktor sprengt, welcher dem Planeten die Mako-Energie aussaugt. Man kämpft gegen einen übermächtigen Konzern namens Shinra, hat blonde, superstruppige Haare und ein riesiges Schwert. Ich möchte hier gar nicht mehr so viel über das Spiel an sich schreiben, denn mir ist aufgefallen, wie viel ich da oben gerade über ein so wenig komplexes Spiel wie 10000000 geschrieben habe. Würde ich das mit Final Fantasy VII genauso machen, könnte ich noch zwei Wochen weiterschreiben, weswegen ich mich auf den Hauptpunkt beschränke:
Was Final Fantasy VII für mich so besonders gemacht hat, ist, dass es das erste (und ich glaube auch: letzte) Spiel war, dass mich wirklich ganz bitterlich zum Heulen gebracht hat. Dazu muss man wissen, dass ich den Helden, der eigentlich Cloud heißt, damals selbstverständlich Andy genannt habe und dass ich eine der weiblichen Protagonistinnen nach meiner damaligen Traumfrau benannt hatte (den Namen schreibe ich jetzt nicht). Irgendwann im Laufe der superspannenden Geschichte, wenn einem die Spielfiguren schon so richtig hart ans Herz gewachsen sind, stirbt eben jene! Was habe ich geheult!
Als ich jetzt gestern im Zug mit der PC-Version angefangen habe, habe ich den Helden wieder Andy genannt. Logisch. Um dem emotionalen Zusammenbruch dieses Mal vorzubeugen, habe ich das Blumenmädchen aber nicht nach meinem (BRAVOspeech) SCHWARM (/BRAVOspeech) benannt.
Ich hoffe, dass ich nicht heulen muss, wenn Arschsau stirbt.